Gedenkfeier im Schoss Hartheim

30.000 Opfer durch vier Jahre NS-Euthanasie.

Eine Gedenkfeier für die in den Jahren 1940 bis 1944 in Hartheim ermordeten Menschen findet dort alljährlich am 1. Oktober statt. Im Oktober 1939 hat Adolf Hitler mit dem „Gnadentoderlass“ das NS-Euthanasie Programm in Gang gesetzt. Damit hat die Suche nach psychisch krank oder behinderten Kindern und Erwachsenen bis ins kleinste Dorf des „Reichs“ begonnen. Dies jährte sich heuer zum 80. Mal. Mit den rund 170 Gästen fanden sich Ehrengäste, Angehörige und Nachkommen von Opfern, diplomatische Vertreter aus 18 Ländern – darunter sieben Botschafter(innen) – zum Gedenken an die rund 30.000 Opfer im Schloss Hartheim ein.

Der Lern- und Gedenkort Hartheim soll wachsam machen!

Nach der Begrüßung durch die Obfrau des Vereins Schloss Hartheim, Konsulentin Dr.in Brigitte Kepplinger, betonte Landeshauptmann Mag. Thomas Stelzer die Bedeutung des Gedenkens an die Verbrechen und ihre Opfer in Hartheim. Oberösterreich war Ort von Massenverbrechen während der NS-Zeit und damit auch Heimat von Täterinnen und Tätern.  Daraus leitet sich die Verpflichtung ab, die Ereignisse aufzuarbeiten und der Opfer zu gedenken. Die Zweite Republik und das Land Oberösterreich wurden 1945 als „aktiver Gegenentwurf zum Nationalsozialismus“ gegründet, so LH Mag. Stelzer. Es sei ein wichtiger Auftrag das wir selbst, aber auch künftige Generationen daraus lernen um ähnliche Entwicklungen rechtzeitig zu erkennen und zu verhindern. Deshalb unterstützt das Land OÖ derzeit auch die neu Gestaltung der Ausstellung „Wert des Lebens“. Sie wird im Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim  Anfang 2020 wieder zugänglich sein.

Vom Umgang mit Menschen und Menschlichkeit.

In seiner Gedenkansprache erinnerte Universitäts Rektor Prof. Dr. Meinhard Lukas eindrücklich an die Umstände in der Zeit des NS Regimes und den seiner zeitigen Umgang mit Menschen die von gesellschaftlichen Norm abwichen. Sie sind als reiner Kostenfaktor betrachtet worden. Ihnen ist Würde sowie das Recht auf Leben abgesprochen worden. Er stellte die Frage wie unsere Vorfahren an diesem Ort zu Wegsehern, Ermöglichern, Beitragstätern oder gar Massenmördern, also schlicht zu Unmenschen werden konnten? Wie konnte sich auf ihrem Gewissen, ja ihrer Seele eine Hornhaut aufbauen, an der das schlimmste Leid abprallte, obwohl sie zugleich liebevolle Familienväter, gefühlvolle Mitmenschen und gläubige Kirchgänger waren? Schlummert dieser Dämon bis heute in jeder Gesellschaft?“ Mit „bequemer Nie-wieder-Rhetorik“ wird man die Gesellschaft nicht ausreichend wachsam halten um aus der Geschichte zu lernen. Man muss mit der Lupe die winzigen kleinen Ereignisse betrachten die zu dieser Entgleisung führten. Es geschieht schleichend und plötzlich sind mit wenigen kleinen Schritten solch unmenschliche Taten wieder ermöglich.  Daher gilt es auf die zunehmende Verrohung der Sprache und des Umgangs miteinander, aber auch im politischen Diskurs und bei Hass im Netz aufmerksam gemacht werden. Die Infragestellung  von Menschenrechten oder Angriffe auf die Menschenwürde Schwächerer sind Indikatoren solcher Entwicklungen. Es reicht nicht nur sie zu beobachten denn sie sind aktuelle Bedrohungen für Demokratie und Verfassung. Unser Umgang mit schutzbedürftigen Menschen zeigt im Spiegelbild welche Menschen wir selbst sind.

Nach der Ansprache wurden auf dem Friedhof der Opfer, der sich auf der Ostseite des Schloss befindet, von Vertretern der katholischen und der evangelischen Kirche Gebete gesprochen. Darauf folgte die Kranzniederlegung durch den Landeshauptmann. Auch diplomatische Vertreter aus 18 Ländern, legten ihre Kränze am Grabmal nieder was ein Zeichen für den Stellenwert Hartheims als europäischer Erinnerungsort ist. Der „Chor singa – inklusives singen“ des Instituts Hartheim mit Sängern mit und ohne Behinderung hat die Feier musikalisch bereichert.

Zum Ort und seiner Geschichte:

In Schloss Hartheim in Alkoven () war von 1940 – 1944 eine NS-Euthanasieanstalt untergebracht, in der nahezu 30.000 Menschen ermordet wurden. Sie waren teils Bewohner von Heil- und Pflegeanstalten sowie Betreuungseinrichtungen, teils arbeitsunfähige KZ-Häftlinge aus den Lagern Mauthausen, Gusen, Dachau und Ravensbrück sowie ZwangsarbeiterInnen.

1995 wurde der Verein Schloss Hartheim gegründet, dessen Ziel es war, in Schloss Hartheim einen angemessenen Ort der Erinnerung, des Gedenkens und der gesellschaftlichen Auseinandersetzung zu schaffen. Im Jahr 2003 wurde aus Mitteln des Landes und des Bundes mit der Gedenkstätte und der Ausstellung „Wert des Lebens“ der Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim errichtet. Auch der OÖKB hielt dort ein Friedens-Symposium abi in dessen Rahmen eine Gedenkfeier am Friedhof der Opfer stattfand.