Am 14. März hat die Stadt Linz als Partner des Militärkommandos, zur Podiumsdiskussion „Risikobild 2024“ im Alten Radhaus in Linz eingeladen. Vizebürgermeisterin Tina Blöchl begrüßte die prominenten Gäste am Podium. Generalmajor Dr. Peter Vorhofer vom BMLV und das „Kleeblatt für Sicherheit in Oberösterreich“ Landespolizeidirektor Andreas Pilsl, Landesrettungskommandant Reinhard Schmidt und Bundesfeuerwehrpräsident und Landesfeuerwehrkommandant Robert Mayer, Militärkommandant Brigadier Mag. Dieter Muhr haben zu den aktuellen Entwicklungen Stellung genommen.
Neuordnung der Machtverhältnisse
„Europa sei Beute“ in der Geopolitik, sollte es sich sicherheitspolitisch nicht weiterentwickeln und zusätzlich zum wirtschaftspolitischen und menschenrechtlichen Anspruch die militärische und diplomatische Komponente nicht ausbauen, meinte Generalmajor Dr. Peter Vorhofer im ersten Statement.
Wir müssen uns bewusst sein, dass Putin und Russland anders denken als wir in Europa. Dass der russische Präsident die EU-Bestrebungen, sich unabhängig von den russischen Bodenschätzen zu machen, nicht gutheißt und eher als eine Bedrohung empfindet, ist jedem klar. Eine Mobilmachung in Russland sieht Generalmajor Dr. Vorhofer aber nicht. Dafür braucht auch Präsident Putin innerstaatlich andere gesetzliche Grundlage. Die Rote Armee setzte am Beginn der „Sonderoperation“ in der Ukraine auf die Strategie eines „Enthauptungsschlages“. Damit wollte sie die ukrainische Staatsspitze ausschalten.
Nachdem diese gründlich misslungen ist, kehrt man unter Nutzung von Zeit und Ressourcen zur klassischen Ermattungsstrategie zurück. Langsam durch endlosen Nachschub an Gerät und Menschen erdrücken, daran sind schon Napoleon und die Wehrmacht gescheitert. Entscheidend wird dabei die westliche Unterstützung für die Ukraine sein. Wie diese künftig ausfällt, hängt vom Wahlausgang in den USA ab. Dieser wird sich entscheidend auf die Leistungsfähigkeit der NATO auswirken.
Akute sowie drohende Gefahren.
Die Drohung des Einsatzes von Nuklearwaffen sei eher unwahrscheinlich, so Generalmajor Dr. Peter Vorhofer. Der Einsatz von Bodentruppen, die der französische Präsident Macron zur Sprache brachte oder der Einsatz weitreichende Raketensysteme sind für Präsident Putin aber sicher eine rote Linie.
Auf die Frage, wie weit sich der Krieg auf Europa auswirkt, ist klar beantwortet. Wir befinden uns bereits in einem Krieg. Einem Krieg, der nicht am Schlachtfeld und nicht mir Waffen ausgetragen wird. Es ist ein „Information Warfare“. Bei dem wird mit Fake News und klassischer Propaganda im Internet die öffentliche Meinung manipuliert. Damit wird die Wahrheit verdreht, der Zusammenhalt und Bereitschaft zur Unterstützung anderer zersetzt. Einer Art des Krieges für den Demokratien und besonders jene in Europa sehr anfällig ist. Aber auch die klassische Spionage hat massiv zugenommen.
Regionale und nationale Herausforderungen annehmen!
Landespolizeidirektor Andreas Pilsl unterstrich, dass daher von Seiten der Organe für die innere Sicherheit des Landes, die verstärkte Aufmerksamkeit nachrichtendienstlichen Aktivitäten gilt. Daher bemüht man sich auch neben Verbesserungen der personellen und materiellen Ausstattung auch um eine Ausweitung der Befugnisse. Im Besonderen sind die rechtlichen Grundlagen für die Überwachung von Messengerdienste notwendig, um hier besser reagieren zu können.
Rettungskommandant Reinhard Schmidt trat der medialen Kritik am Roten Kreuz bezüglich seines Handelns im Ukrainekrieg entschieden entgegen. Kriegsparteien sprechen nur mit jenen, die sich unabhängig von allen verstörenden Ereignissen strikt an die Grundsätze der Neutralität halten. Beide Seiten profitieren von dieser Haltung des Internationalen Roten Kreuzes. Ob beim Suchdienst in internationalen Konflikten gemäß dem humanitären Völkerrecht, Gefangenaustausch oder den Vermittlungstätigkeiten, es geht immer nur um die betroffenen Menschen.
Für die regional und national organisierte Feuerwehr hat die Unterstützung zur Katastrophenbewältigung Vorrang. Aus den Erkenntnissen der Einsätze gilt es zu lernen. Etwa wie man beim Ausfall von IT und Kommunikation die Einsatzkräfte lenkt und Hilfeleistung umsetzt. Dies ist bei der Arbeit und Ausbildung der Feuerwehrleute ein Schwerpunkt, erklärte Landesfeuerwehrkommandant Robert Mayer – vor allem mit dem Blick auf die neuen Dimensionen in diesem Bereich.
Geopolitische Kontrahenten im Auge behalten!
Generalmajor Vorhofer hat darauf hingewiesen, dass Europa geopolitisch endlich in die Gänge kommen muss. Die Interessen der USA verlagern sich immer mehr den pazifischen Raum. Im globalen Zusammenhang sieht die USA die BRIGS-Staaten und China als Gefahr für seine Vorherrschaft. Dies wirkt sich mit Blick auf Europa den Ukrainekrieg und den Gaza Konflikt bereits jetzt aus. Etwa bei den Verlagerungen und Einsatz von amerikanischen Ressourcen.
Europa und unsere Lebensweise zu sichern, sei nicht nur eine militärische Aufgabe, sondern auch eine geistige Bereitschaft. Wir werden verschiedene Asymmetrien vorfinden, die eine entsprechende Resilienz unserer Wirtschaft – Reduktion von Abhängigkeiten („Lieferketten“) und der Stärkung der vier Faktoren Diplomatie, Militär, Wirtschaft und IT verlangen. Derzeit kann Europa durch die Qualität seiner Fachleute im Bereich der Innovationen und technischer Fortschritte, die quantitativen Nachteile in der Forschung noch im Zaum halten. Dies ist aus Patentanmeldungen abzulesen. Derzeit bringt ein europäischer Techniker so viele zur Anmeldung wie fünf chinesische. Um das Verhältnis beizubehalten und keinen größeren Abstand zuzulassen, bedarf es künftig größter Anstrengungen.
Statt des Ost-West Konflikts den mit dem globalen Süden.
Die EU Sanktionen zeigen in Russland kaum Wirkung, weil andere Staaten einspringen. Eine Politik, mit jenen nicht zu sprechen, die unsere Werte nicht teilen, bringt auch nichts. So kann Europa nur in ein „Lock in-Problem“ geraten. Die neue Machtverteilung wird unter massiver indischer, chinesischer, türkischer und brasilianischer Beteiligung stattfinden. Wir erleben eine Ablöse des ehemaligen Ost-West-Konfliktes durch den des globalen Süden gegen die Staaten des Nordens. Ist Russland gegen die Ukraine erfolgreich, wird dies die Hinwendung des Südens an Russlands verstärken.
Auf ruppige Zeiten vorbereitet sein.
Zum Schluss stellte Militärkommandant Brigadier Mag. Dieter Muhr fest, dass es nicht übertrieben ist, dass die Weltordnung aus den Fugen gerät. Wir müssen uns auf ruppigere Phasen einstellen. Österreich sei mit seinem Aufbauplan für das Bundesheer gut unterwegs. Auch die zivilen Einsatzorganisationen müssen sich auf hybride Szenarien einstellen. Gerät sowie Personal müssen durch Ausbildung auf alles vorbereitet sein.
Generalmajor Dr. Peter Vorhofer im Gespräch mit Brigadier Mag. Dieter Muhr der durch die Diskussion führte.
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Fotos: alle Bundesheer/Anton MICKLA